Zuerst will ich Dir von einem Traum erzählen, den ich letzte Nacht hatte. Darin nahm ich ein T-Shirt aus meinem Kleiderschrank, - es handelte sich um ein sehr spezielles T-Shirt, ein Geschenk von meiner Ex-Freundin - , darauf hatte sie mühevoll, per Hand einen Text gestickt, der symbolisch für einen Sprachraum stand. Im Traum konnte ich die Wörter natürlich nicht entziffern. Ich trug das T-Shirt nur aus Trotz um mir selbst ein bisschen weh zu tun, nur um die Sätze weiter vor mich her zu tragen, aus Neugier was damit geschehen würde, zog es aus und schnitt es in exakt zehn Teile und nähte es neu zusammen. Es entstand ein seltsames Jackenhemd. Die Wörter waren noch weniger lesbar als zuvor. Im neuen Kleidungsstück kamen alle Pizzakartone, die mich auf meiner Matratze liegend umgaben, zwischen die Klingen. Stück für Stück baute ich aus den Pizzakarton-Schalen eine Schutzhülle (engl. armor) um die Hemdjacke. Ich zog sie wieder an, die Körper verschwanden, ich begann mich kugelsicher zu fühlen, stülpte mich nach außen und wurde zu einem Schalentier, mit einem kleinen Rest von Kopf und großen Scheren.

Die Farbe von Hummern variiert stark von einem kräftigen Blau bis hin zu dunklen Violetttönen und ist abhängig von der Nahrung und der Farbe des Gesteins in ihrem Lebensraum. Sehr selten sind gelbe Färbungen und Albinismus. Die Flanken der Tiere sind meist gelblich bis braun mit dunkleren, oft rötlichen Sprenkeln.

Ein Hummer hat keine Organe mehr nur noch Schale, der Körper strebt nach außen, die Gliedmaßen verdoppeln sich unsymmetrisch. Eine nach außen gestülpte doppelte Gliederung.

Abbildung vom Tag:

In einer Villa im Bauhausstil sitzen zwei Körper in Corbusiersesseln. Zwischen ihnen ein kleiner Glastisch. Darauf eine schlichte weiße Teekanne aus Porzellan, ein gläserner fraktaler Aschenbecher und eine silberne Schale. In der Schale liegt der Kopf. Er betrachtet ruhig die zurechtgestutzte Landschaft durch die großzügigen Fenster, die hinaus auf die Terrasse führen. In dem linken Sessel sitzt ein wespenartiger Leib. Er trägt eine Anzughose mit blauen Nadelstreifen und ein dunkelblaues T-Shirt mit aufgesticktem Text. Der rechte Arm führt eine Teetasse Richtung Halsloch, auf der linken ruht entspannt die Untertasse. Gegenüber im zweiten Sessel sitzt die Verdopplung der linken Figur, ebenfalls der Kopf abgetrennt, in den selben Klamotten, nur die Stickereien auf dem Shirt sind spiegelverkehrt. Die Verdopplung trinkt auch keinen Tee, sondern schießt ein Selfie.

Gut, ich meine beruhigend, dass es nicht dieses Get-Rid-Of-Yourself, sondern im Gegenteil die Vervielfältigung ist. Ich nehme Abstand von einem bestehenden Bild, indem ich es verdopple und ihm durch die Maschine den Kopf nehme und so von außen betrachten kann wie ich etwas betrachte. Wir können das Bild nicht festziehen und eintüten. "Zweimal gliedern, zweimal artikulieren. Das heißt aber nicht, dass die Schichten zur Sprache gehören. Die doppelte Gliederung ist so variabel, dass wir nicht von einem allgemeinen Modell ausgehen können, sondern nur von einem relativ einfachen Fall (...)In einer geologischen Schicht ist die erste Gliederung also die "Ablagerung", die Einheiten von zyklischen Sedimenten nach einer statischen Ordnung aufschichtet: das Flysch, eine Tertiärformation mit aufeinanderfolgenden Schichten von Sandstein und Schiefer. Die zweite Gliederung ist die "Faltung", die eine stabile funktionale Struktur schafft und den Übergang von Sedimenten zu sedimentären Felsen bewirkt." (Tausend Plateaus. G.Deleuze. S.61)