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Zum FilmprogrammZum Filmprogramm "The cultural contruction of Bohemia is continously carbonated by music, film television, and advertizing, window-dresssed for sale in cycles of generation and appropriation that, while decades old, have become increasingly sophisticated and entangeled, even vivified, with irony. Nonetheless, people still live for this fugitive and oft-prostitued ideal, understanding themselves as revolutionaries, criminals and whores. Bohemia contains real aspiration and real human stories - the raw material of narrative art." Der Kurzfilm ‘Not A Warhol Factory’ von David Blair, dokumentiert eine Installation und Performance des Künstlers Mike Bidlo, die 1984 im PS 1? in Long Island City, New York präsentiert wurde. Kopierte oder gesiebdruckte Marylins hängen an den Wänden und die Räume selbst sind bevölkert mit Leuten, deren Auftreten und Kostüm den Fun Schick der frühen 80er mit dem Glamour von Warhols Factory kurz schließen. Bidlo selbst schlenkert als Warhold durchs Bild, jemand anderes trägt ein Marylin Monroe Kleid, alle hier anwesenden ‘Revolutionäre’, ‘Kriminelle’ und ‘Huren’ mimen in unterschiedliche Rollen aus einem Kapitel aus dem Skript der Avantgarde, das sich bereits als Verkaufsschlager bewährt hat und Teil einer kanonischen Kunstgeschichte ist. Auf Underground, Startum, Kunst und Kommerz wird hier angespielt, halb verknallt, halb spöttisch, ziemlich albern und mit viel Energie. Die Anspielung auf den damals stattfinden Hype der East Village Kunst Szene liegt auf der Hand. ‘Meanwhile in a room next door’, heißt es (so oder ähnlich) in einem Untertitel, der zur nächsten, abschließenden Szene überleitet: hier sieht man die Arbeiter dieser ‘Fabrik’ an der Siebdruck Presse stehen. Der filmische Blick thematisiert damit die Fragen nach den Produktions- und Hierarchiebedingungen des Kulturbetriebs. Der Blick auf die Produktionsbedingungen, bzw. das Produktionsumfeld hat die Auswahl der im folgenden besprochenen Filme geleitet und wird teilweise in den Filmen selbst reflektiert. Das Thema ‘Aneignung’, genauer gesagt die ‘Aneignung’ von Genres, Stilen oder Vorbildern als eine Methode kritischer Rekontextualisierung, das als konzeptueller Rahmen für die Filmreihe gedacht war, ist im Laufe der Recherche in den Hintergrund getreten. Anderseits werden verschiedene Formen der Aneignung in den Filmen thematisiert: so z. B. die feministische Aneignung von Produktionsmitteln in ‘Cave Girls’ von Kiki Smith/Ellen Cooper oder die umkämpfte Aneignung von emotionalen und städtischen Räumen in ‘The Man Who Envied Women’ von Yvonne Rainer. No No Wave Vivienne Dick, She Had Her Gun Already, 1978 Vivienne Dicks frühe Filme entstanden im Kontext der sogenannten Punk / No Wave Szene im New York der ausgehenden 70er Jahre. Der Begriff ‘No Wave’ versteht sich als ironische Negation des New Wave und ‘No New York’ war der Titel eine Platte mit The Contortions, DNA, Teenage Jesus and the Jerks und Mars, vier New Yorker Bands, deren Sound zwischen Noise und Free Jazz verrückt spielt. Im Booklet einer 2003 erschienen CD Compilation, die den Titel ‘NY NO Wave’ trägt, schreibt Mara Missangas: “In the late seventies the No Wave bands created their own apocalyptic soundtrack of New York, self critical, riddeled with arrogant doubts, these “brats” were their own worst enemies as well as their own best friends. Selfdestructing and parodic chaos, playing the wrong note at the right time.” Der Tonspur dieses apokalyptischen Soundtracks sollte auch bald eine visuelle Entsprechung als Filmrolle folgen: Einem Mythos zufolge entstand die No Wave-Film Szene da jemand ‘heiße’ Super 8 Kameras, die damals regulär für 600$ pro Stück verkauft wurden, zu einem Zehntel des Preises unter die Leute brachte: ‘Everybody got one’ . Einerseits kann man diese Anekdote im Kontext des finanziellen Bankrotts des New Yorks zu dieser Zeit lesen und den entsprechenden drastischen ökonomischen Einschränkungen für viele seiner Bewohner, anderseits klingt darin auch der alte Punk-Ethos an, das jede, die weiß wie eine Super-8 Kamera funktioniert, bzw. eine solche zur Verfügung hat, eine Filmemacherin sein kann. Liest man Titel- und Kurzbeschreibungen von Filmen aus diesem Umfeld, so zieht sich die parodistische Aneignung differenter filmischer (Mainstream-)Genre als wiederkehrende Methode durch eine Vielzahl von Produktionen. In einer Mischung aus ironischen Distanzierung, Agressivität und achselzuckender Leichtigkeit ergibt dies einen filmischen Ansatz, in dem die subversiv-visionären Ambitionen der Filmemacher Innen? beständig gegen die Knappheit der zu Verfügung stehenden Mittel ausgespielt werden : so z.B. in Eric Mitchells “Kidnapped” (1978) als Parodie von Warhols “Vinyl”, dem spöttische Film Noir “Sleepless Night” (1978) von Becky Johnston oder den Filmen von Scott und Beth B. deren Nameswahl bereits auf ihren Enthusiasmus für B-Movies hinweist. B. steht für eine Themenpalette aus Kriminalität, Gewalt und Sex, aber auch für kreative Kontrolle und Trash-Appeal. Die Einbeziehung des eigenen Lebensumfelds, teilweise in (selbstgemachter) Kostümierung, wie z. B. in James Nares “Rome ‘78” ein Schwert und Sandalen-Epos shot on Location in Downtown New York stellt No Wave Filme darüber hinaus in die Tradition von Filmermachern aus den sechziger Jahren wie z. B der Kuchar Brüder, die ihre Nachbarschaft inklusive Nachbarn in der Bronx für eine Re-Inszenierung von Hollywood Melodramen einsetzen. In der Filmkritik der frühen 80er Jahre werden Vivienne Dicks Filme aufgrund ihres gezielten Einsatzes des spröden Super 8 Formates im Zusammenhang eines Wiederauflebens der ‘Anti’-Aesthetik von 60er Jahre Underground Filmen gesehen. Der Filmemacher und Kritiker J. Hoberman beschreibt sie als quintessentielle Super 8 Filmerin, da sich in ihren Filmen alle traditionellen Kleinspurfilm-Genres überschneiden: urbane Dokumentation, konfessionelles Psychodrama, ironisches Spektakel sowie tagebuchartige ‘Home Movie’ Sequenzen . In einem Interview von 1983 legt Vivienne Dick weder besonderen Wert darauf, dass ihre Filme unter dem Label ‘No Wave’ kursieren, noch dass Sie im Kontext einer Tradition des Avantgarde Film geführt wird (eine Haltung, die man wiederum bestimmt als ‘No Wave’ bezeichnen könnte). Sicherlich seien ihre frühen Filme insofern Punk, da Musiker Innen? darin mitspielen oder Soundtracks machen und die Filme selbst oft in einschlägigen Clubs gezeigt wurden . Sie sei daran interessiert gewesen, mit Leuten zusammenzuarbeiten und experimentelle Filme zu machen in einer Atmosphäre, die nicht so ‘schwer’ sei, wie bei Anthology Film Archives oder Millenium: “I met all these people who were talking about making films, people like Eric Mitchell and James Nares – the group that started Colab. They were getting together to talk about a film grand. Someone had a projector and someone else had this or that, and they helped each other out.” Das Filmexperiment ‘Guériellère Talks’ besteht aus einer Reihe von Improvisationen mit statischer oder bewegter Kamera, jeweils eine Filmrolle pro Darstellerin (Vivienne Dick selbst eingeschlossen), im weitesten Sinne als Vorbereitung für ein utopisches, feministisches Filmprojekt basierend auf Monique Wittigs Klassiker ‘Les Guériellères’. In ‘She had her Gun already’ folgt Vivienne Dick zwei dieser Performerinnen mit der Kamera: Lydia Lunch und Pat Place. Der Blick der Kamera wird dabei nicht als neutrale Beobachtungsperspektive eingesetzt, sondern erscheint vielmehr aktiv am filmischen Geschehen beteiligt. Anhand fragmentarischer Beobachtungen, die in verschiedenen städtischen Orten inszeniert werden, beobachtet der Film das Machtverhältnis zwischen den beiden Frauen. Die Eine ist von der Anderen ‘gehaunted’, in den Bann gezogen, paralysiert, sie kann sich nicht entziehen, fühlt sich zur gleichen Zeit beeindruckt und unter Druck gesetzt. Durch die Blickbeziehungen der beiden werden verschiedene mediale Räume verschränkt: während beim Zappen durch die Fernsehkanäle vor Lydia Lunch plötzlich das Gesicht von Pat Place auf dem Monitor auftaucht, so ‘verschwindet’ sie selber in der nächsten Szene plötzlich aus Pat Places Blicks. Kleinen Wahrnehmungsverschiebungen und alltäglichen Beobachtungen wird viel Platz gelassen: Was bedeutet es, wenn man aus lauter Nervosität immer die falschen Münzen ins Telefon steckt, und wenn man endlich durch kommt, die Person an der anderen Leitung gerade keine Zeit hat, eigentlich schon weg ist. Die Anwesenheit von Gewalt - zuerst subtil, im Verlauf des Films offen ausgespielt - strukturiert die Beziehung zwischen den beiden Darstellerinnen und in einer zunehmend feindseligen Atmosphäre dreht sich das Verhältnis zwischen den beiden um - bis zum Grand Finale auf der Achterbahn in Coney Island. Innerhalb der Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt greift Vivienne Dick auch auf extrem aufgeladene, sensationsheischender Stories zurück, so liest z. B. Lydia Lunch die Geschichte eines Massenmörder vor, die später in dem Splatterfilm Texas Kettensägen Massaker dramatisiert wurde. Cave Girls, 1981, Kiki Smith, Ellen Cooper, mit Musik von Bush Tetras, Y Pants? ‘Cave Girls’ entstand durch eine Kollaboration von KünstlerInnen und Musikerin aus dem Umfeld der KünstlerInnen Gruppe Colab (Colaborative Projects Inc.). Mit dem Fund einer Musikkassette beginnt eine Art feministisch-futuristische Narration, in der im folgenden bei Ausgrabungen Fotographien und Filmaterialen zum Vorschein kommen: Die entdeckten Bildmaterialien liefern unzweifelhafte Hinweise auf eine pre-historische Cave Girl Society, so die Erzählerin in ihrem Bericht des “Woman Task Force of the Future, History Department“. Filmausschnitte zeigen diese Höhlenfrauen in luftiger Fantasy-Kluft beim Verrichten alltäglicher Tätigkeiten: klettern, rumhängen, Steine schmeißen, rumhängen und rauchen: Good Times. Diese Gemeinschaft war, wie die Erzählerin betont, nicht agrikulturell: Feldarbeit, oder Arbeit generell, so möchte man schließen, gab es in diesem goldenen Zeitalter noch nicht. Auch schriftliche Aufzeichnungen sind nicht überliefert, jedoch gelingt es unter Einsatz von state-of-the-art Technologie eine Audiospur freizulegen: „... Ich höre eine Geräusch, das ganz in der Ferne den Trommelschlag trägt” sagt eine der Erzählstimmen. Durch eine Musikkassette fing die Reise in die Vergangenheit an und die Musik ist es auch die als verbindendes Element die pre-historischen Cave Girls und denen aus den frühen achziger Jahren in eine gemeinsame Kontinuität setzt. So wird im zweiten Teil des Videos die Cave-Girl-Footage zum Musikvideo der Bands ‘Y Pants’ und ‘Bush Tetras’ (u.a. mit Pat Place). Als gleichzeitig ernstgemeinte und doch auch ironisch gebrochene Auseinandersetzung mit der ‘weiblicher Identität’ und dem essentialistischem Feminismus, besticht Cave Girls durch seine Strategie politisches Anliegen – Girl Power! – über einen historischen Umweg zu formulieren. Durch die dabei gewonnene Distanz lässt sich eine radikale Fiktionalität der Inszenierung herstellen und mit allen Mitteln der Kunst (hier: Film/Video, ‘ausgedehnte Recherchen’, Musik, Kostüm, Gruppenarbeit, etc) dramatisieren. Die Kritik am durch die Massenmedien konstruierten, reduktionistischen Bild der Frau und das Bestehen auf die Relevanz einer feministischen Aneignung technologischer Mittel ist dabei sehr buchstäblich ins Bild gesetzt: Kabel werden gelötet, Messgeräte und Mischpulten werden in Großaufnahme gezeigt. Die Ebene der Distribution ist dabei ebenfalls relevant: das Video wurde auf einem offenen Kanal in Rahmen der Künstler-Fernsehshow ‘Potato Wolf ‘von Peter Fend ausgestrahlt. Als dezidiert kollektives Unterfangen ist ‘Cave Girls’ der spielerische Vorläufer von Lizzie Bordons feministischen Film-Klassiker ‘Born in Flames’, der zwei Jahre später erscheint. Charlie Ahearn, Wild Style, 1982 “Hey, wie geht’s Ihnen. … Das ist die Union. Meine Leute. … Das ist unser Graffiti.Wir haben noch ein paar Jobs anstehen. Wandbilder, Ladenschilder… Wir versuchen jetzt viel für die Community zu machen … versuchen ein paar Dinge etwas aufleben zu lassen.” (“Hey, how’re you doing?… That’s the union. My Crew. That’s our graffiti. We have a few jobs lined up. Murals. Shop signs. … trying to do a lot for the community now.…Trying to liven up a few things.”) so begrüßt Rose/aka Lady Pink Fabara, Underground Graffiti Queen, die Reporterin Virginia/aka Patti Astor, Underground Film Star und Leiterin der FUN Gallery für Graffiti Kunst im East Village. Aber eigentlich ist jeder in Wild Style ein Star. In meiner Lieblingsszene bleibt die Reporterin in der Bronx auf dem Weg zum Interviewtermin mit der Graffiti-Union mit ihrem Autoliegen. Auf ihre Frage, wo sie die Graffiti-Künstler findet, antworten die Kids, die ihr Auto umringt haben unisono: “Wir sind alle Graffiti Künstler!” Der Erzählmodus schwankt zwischen Selbstdarstellung und Selbstironie und für wohlbehütete weisse Vorstellungen von Graffiti und ‘dem’ Leben im ‘Ghetto’, die impliziert mitthematisiert werden, bleibt bei den Darstellern gerade ein spöttisches Augenverdrehen über. Entlang der fiktiven Geschichte des legendären Sprayer Zoro porträtiert ‘Wild Style’ Hip Hop und Graffiti Kultur Anfang der 80er Jahre aus der Fan Perspektive und für Fans. “I was interested in making a pop movie”, sagt Charlie Ahearn, ein Künstler-und Filmemacher, der ebenfalss in Colab involviert war, rückblickend “I knew that I should be documenting this thing, but I hated the idea of making a documentary. So the question is how can I make a pop movie out of this thing? (…). There was no historical perspective. Let’s go on this trip, it’s like a cartoon version of what was happening.” Die Union in ‘Wild Style’ basiert vielleicht auf der Graffiti Wandbild Gruppe von Fred Brathwaite und Lee Quinones, die 1979 in einem New Yorker Stadtmagazin Graffitis für 5 $ /per square foot (ca 30 DM/m2) annoncieren. Als Lee Quinones, an der Seite von ‘Fab Fred 5’ als Hip Hop? Impressario Phade, drei Jahre später Zoro spielt und dessen Begegnung mit der Kunstwelt im Penthouse einer New Yorker Kunst-Mäzenin, zeigt er seine Graffittis bereits seit einer Weile in Galerien, und der Film thematisiert das gespaltene Verhältnis zwischen radikaler, kriminalisierter Außenseiterkunst und deren Aneignung durch Lifestyle-Publikationen und Kunstszene (zum Ausgang des kurzen Galerie Gastspiel von Grafitti siehe John Millers Text). In seinem Anliegen eine bestimmte Szene entlang einer quasi-fiktiven Geschichte zu porträitieren ist Wild Style in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit dem erst kürzlich erschienenen, 1981 gedrehten, Film Downtown 81. Hier ist es der Graffiti Künstler Jean Michel Basquiat, der als armer Künstler Jean durch die Straßen der Lower East Side und Clubs in Downtown zieht. In Downtown 81 wird Punk/No Wave und Disco gespielt, Wild Style ist ein Hip Hop Film: Durch lange musikalische Performances von Hip Hop DJ’s und MC’s wird die Graffiti-Geschichte zwischzeitlich unterbrochen und gleichsam auf einer anderen Perspektive weitererzählt, nämlich direkt aus dem ‘Pantheon der Hip Hop Pioniere’ . Das sind in ihre lässigen Selbstverständlichkeit mehr als beeindruckende Aufnahmen von DJ Sets in Rap und Breakdance Clubs, inszenierten MC-Battles auf dem Basketballfeld bis hin zum großen Abschlusskonzert in einem Amphitheater in der Lower East Side, eine Art soziales Hip Hop? Grafitti Gesamtkunstwerk. Mit dabei sind D Js? Grand Master Flash, Grand Wizard Theodore, D.St. und Rappers Grand Master Caz and The Cold Crush Bros, The Chief Rocker Busy Bee, Double Trouble, Fantastic Freaks, RAMMELLZEE, bboy champions The Rock Steady Crew, Chris Stein, uvm… Yvonne Rainer, The Man who Envied Woman, 1985 “Beginnen wir irgendwo: 1950 enthielt ein Gesetzentwurf für ein Gesetz über politische Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland den folgenden Satz: “Die Gefahr für die Gemeinschaft geht von organisierten Personen aus.” Dieser Sprechtitel steht am Anfang von Yvonne Rainers Film ‘Journeys from Berlin/1971’ (1980), in dem sie sich die Tänzerin, Choreographin und Filmemacherin anhand der Geschichte von Ulrike Meinhof mit Fragen von politischer Organisation, Staatsgewalt, Terrorismus und Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten Amerikas auseinandersetzt. Yvonne Rainers vehementes Eintreten für die Möglichkeiten politischer Verhandelbarkeit steht auch im Zentrum ihres nächsten Films ‘The Man Who Envied Woman’. Hier wird die Geschichte einer Trennung und ihrer machtpolitischen Konnotationen innerhalb des Geschlechterverhältnisses mit der stadtpolitischen Situation der Lower East Side und Soho und der Rolle der USA in Latein Amerika verschränkt. Auf diese Weise werden mikropolitische, emotionale Ereignisse ständig in Bezug zu makropolitischen Zusammenhängen gestellt, wie die stadt-, bzw. weltpolitische Lage. Eine kausallogischer Gesamtzusammenhang zwischen den beiden wird in der Narration jedoch negiert. Das Private ist zwar politisch, aber so Rainer “Das Persönliche und das Politische sind nicht synonym.” In dokumentarischen Aufnahmen tauchen zwei politische Organisationen auf, zum einen die Befürworter des ‘Artist Home Owners Program (AHOP)’ die in Verhandlungen der Anwohnervertretung der Lower East Side gegenüberstehen und zum anderen das Treffen des ‘Artist Call Against Intervention in Central America’. Als die Protagonistin die Kündigung für ihre Wohnung erhält, wird ihr klar, dass wenn sich für ein von der Stadt gefördertes ‘Artist Housing Program’ anmeldet, sie zur Vertreibung der Bewohner Innen? des Viertels beiträgt, in diesem Fall Angehörige der Puertoricanischen Minderheit. Rainer arbeitet in ihren Filme mit und gegen die Konventionen kinematographischer Narration, so bleibt die Frau dem Blick des Betrachters entzogen, während der Mann abwechselnd durch zwei Schauspieler dargestellt ist. Häufig ist er in psychoanalytischen Sitzungen, vor Projektionen aus berühmten Szenen des Film Noir, Melodramen und Künstler Filmen zu sehen. In zwei Szenen von ‘The Man Who Envied Woman’ ist die Gewalt der Sprache auf besondere Weise räumlich inszeniert: ein durch seine bloße Länge und Nicht-Aussagekraft ad absurdum geführter Vortrag des männlichen Protagonisten in einem typischen New Yorker Loft. Die filmischen Bilder zeigen langsame Kamerafahrten durch das Loft und formulieren eine Kritik an der Selbstgefälligkeit theoretischer, akademischer Performance. Tommy Turner/David Wojnarowicz, Trailer für ‘Where Evil Dwells’, 1986 Das Skript für ‘Where Evil Dwells’ entwickelten Tommy Turner und David Wojnarowicz aus ihrer Recherche über den Fall eines ‘statanistischen Teenager’, der einen anderen Jungen umbringt, und sich anschließend im Gefängnis selbst das Leben zu nehmen. Ricky Kasso war der Anführer einer Gruppe von Kids in North Port im suburbanen Umfeld von New York. Es ist eine Szene in der, der gemeinsame Konsum von Drogen, Heavy Metal Musik und oberflächliches Interesse für Okkultismus auf dem Programm steht. Beide Autoren sahen Ricky Kassos Geschichte als archetypische Zuspitzung jugendlicher Nichtidentifikation. Darüber hinaus schufen sie mit der Figur des Jungen eine Parabel in der sich die Machtstrukturen der USA spiegeln. ‘In a Country where an actor becomes the only acceptable president, a country where fewer than half of those eligible to vote even bother to do so – and when they do they elect for two terms a man whos vocation is to persuade with words and actions an audience who wants to believe whatever he tells them – in this context violence presents a truth that can’t be distorted like words and images” (In der Präsidentschaftswahl von 2000 habe laut dem Volkszählungs-Amt der Vereinigten Staaten 62% der zugelassen Wähler ihre Stimme abgegeben, nach “Problemen” im Wahlvorgang, hauptsächlich in Wahlkreisen mit afroamerikanischen oder ältern Wählern, wurde der Ausgang der Wahl 2000 durch den amerikanischen Bundesgerichtshof entschieden.) Tommy Turner ist unter anderem Filmemacher und Darsteller aus dem Umfeld des sogenannten ‘Cinema of Transgression’. Hier wird der Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft mit Tabubrüchen, expliziten Darstellungen von Sex und Gewalt vehement entgegengetreten. David Wojnarowicz ist vor allem durch Texte und visuelle Arbeiten bekannt, die scharf gegen die gesellschaftlichen Marginalisierung von Homosexualität und die Stigmatisierung, bzw Ignoranz gegenüber AIDS im ultra-konservativen Klima der Reageanomics ankämpfen. ‘We were using the script to talk about relationships of power: how the leader was given power by the other kids and even though he was kind of stupid, the other kids’ adulation and respect kept him propped up there in control. Its kind of like Ronald Reagen.’ In der Eingangssequenz des Trailers sprüht eine Hand den Titel ‘Where Evil Dwells/Wo das Böse wohnt’ auf das Foto eines Einfamilienhaus. Hier, so wird dem/der Betrachter In? nahegelegt, liegen die Wurzeln dieses Bösen begründet, in den Suburbs und in gesellschaftlichen Strukturen wie der Institution Familie, und nicht, wie Medienberichten zufolge, in Kassos Drogengebrauch und seinem Hang zu Heavy Metal und Okklultismus. Konsequenterweise erscheint der Teufel in ‘Where Evil Dwells’ der in den Halluzinationen des Anführers auftaucht, jovial mit Anzug und Zigarre als pervertierte Vaterfigur. Ausgehend von Rickys Geschichte ist das Skript auf eine Art die narrative Umsetzung einer psychogeografischen Untersuchung über Isolation und Entfremdung von Teenagern in der Vorstadt entlang mehrerer Stationen: von Demütigung und Gewalt im elterlichen Wohnzimmer zum Rumhängen auf der Straße, all dem was im moralpsychologischen Jargon ‘jugendliche Delinquenz’ genannt wird – vom Drogen nehmen, Stören bis hin zu einem brutalen Mord. Filmisch umgesetzte, mit vielen Anleihen aus dem Splatterfilm-Genre ist der Trailer von ‘Where Evil Dwells’ ein sich beständig steigerndes Gegeneinanderauspielen von Gefühlen der Machtlosigkeit und Machtergreifungs-(phantasien), die den Protagonisten letztendlich bis in den Tod verfolgen. In der Darstellung des Jenseits klingen dabei auch stadträumliche Metaphern aus dem konsumorientierten Spätkapitalismus an: dementsprechend ist der Himmel ein schickes Restaurant und Jesus ein feister, Hähnchenkeulen-in-sich-reinstopfender Fresssack; Ricky Kasso wird eh nicht rein gelassen, sondern gleich in das ‘Restaurant’ im Keller geschickt. Eternal Gentrification? |