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the bridegroom, the actress and the pimp
Der Bräutigam, die Komödiantin und der Zuhälter, 1968, nach Ferdinand Bruckner und Juan de la Cruz, 35mm, s/w, 23 min

A short film starring Fassbinder and some of his regular players.

From an interview with the director, Straub:

"STRAUB: I don't believe in the cinema. Even when it’s Godard who says these things, it’s interesting and has meaning, but it gives me a stomach ache. I don't fetishize the cinema at all. I think of it as an instrument, a tool. I could say that the deconstruction one makes in THE BRIDEGROOM, THE ACTRESS, AND THE PIMP is interesting, but the whole film is the history, the story, of a hatred and that is all. The hatred is affirmed at the beginning, in the inscription on the wall:

“Stupid old Germany. I hate it over here. I hope I can go soon.”

Then there is the street with the girls (sic). Then there is the play, which contains the characters that place themselves against the inscription from Mao printed on the back wall. That says, “Even if the arch reactionaries are still, today, tomorrow, the day after tomorrow...” Again it’s hidden, you can't read it. The enemy is flexible, anyway. And in front of all this is a very precise spectacle. It’s not only a parody of bourgeois theater. The characters who appear later are within it, and the class struggle begins to appear within it.

Then there’s the threat of the pimp with the police, and the gunshot, and the black man is there. In fact the whole film is really the point of view of the black man. He is at the same time a spectator of the theatrical play, and a guy who moves along the street in Munich in the car, where the girls (sic) are at night with their umbrellas, and the motorists accost them. And later he’s the boy who is married by a Jesuit in a Catholic liturgical theatrical scene and is at the same time partner and outside of the whole thing.

The film is a look entirely at Western decadence. And finally there is the gunshot of the girl (sic) who has married the black and who doesn't even hesitate to shoot, because her hatred liberates her, or rather, it liberates itself. One sees clearly at the end of the film that there is a liberated Utopia, but the girl (sic) is burned. She is burned by her hatred."


http://www.jungle-world.com/seiten/2003/02/59.php

Von Neuem euch erglänzt Der Regisseur Jean-Marie Straub wird 70. von stefan hayn

Es gibt Künstler, die arbeiten, und Künstler, die repräsentieren – den Lebensstil und die Interessen derjenigen, die ihre Kunst bezahlen. Arbeit im Sinne von Jean-Marie Straub meint nicht das manische Produzieren und Platzieren von Markenzeichen, sondern das immer wieder neue Freischaufeln und Verteidigen eines geistigen und ästhetischen Raums, der in vielfältigen Verbindungen zu den Nützlichkeitsanforderungen des täglichen Lebens steht.

Jean-Marie Straub wurde am 8. Januar 1933 in Metz geboren. Sein Kurzfilm »Lothringen« (1994) erzählt, wie die Deutschen 1870 das Gebiet links des Rheins überfielen, die Einheimischen vertrieben und wie die Kinder der dort gebliebenen Franzosen in der Schule nur noch deutsch sprechen und schreiben durften. Auch Straub hat in der Schule nach 1940 deutsch gelernt. Er studierte Literatur und leitete mehrere Jahre lang einen Filmclub. 1958 flüchtete er nach Deutschland, um der Haftstrafe zu entgehen, die ihm wegen seiner Weigerung drohte, im Algerienkrieg auf französischer Seite zu kämpfen. Er hatte einen guten Lehrer, Robert Bresson, der ihm sein erstes Projekt nicht wegnahm, sondern sagte, dass das sein Film sei, den er machen müsse.

Bevor die »Chronik der Anna Magdalena Bach« (1967) nach mehr als zehn Jahren endlich gedreht werden konnte, machte Straub zusammen mit seiner Frau Danièle Huillet zwei Filme gegen die Wiederbewaffnung und Restauration in der BRD. »Machorka-Muff« (1962) und »Nicht versöhnt« (1965) knüpfen an das europäische Kino vor Hitler und an das amerikanische Exilantenkino (Lang, Renoir) an. Die Filme wurden zu ihrer Entstehungszeit einerseits verhöhnt, damit wurde die Weiterarbeit bis heute erschwert. Andererseits wurden sie schon bald als Initialzündung des so genannten »Neuen deutschen Films« katalogisiert.

Straub und Fassbinder begegnen sich 1967 in München. Mit seiner Bearbeitung des von Fassbinder vorgeschlagenen Stücks »Krankheit der Jugend« von Ferdinand Bruckner und dem, um die Antitheater-Inszenierung herumgebauten Film »Der Bräutigam, die Komödiantin und der Zuhälter« (1968) liefert Straub einen scharfen, bis heute gültigen Kommentar zur 68er-Bewegung.

Konfrontativ gegen die vermeintlich sexuell und anderweitig befreiten Verhältnisse, wie sie Fassbinder, der hier in der Rolle des Zuhälters zu sehen ist, als nie endendes Sado-Masospiel inszeniert und propagiert hat, setzen Straub/Huillet das Sakrament der Ehe. Sie zeigen quasi dokumentarisch und in voller Länge die kirchliche Trauung der Hauptdarstellerin mit einem Schwarzen. Fast 30 Jahre später, in der Verfilmung von Schönbergs Oper »Von heute auf morgen« (1996) wird die Frage, ob und wie neue Beziehungsmodelle die Chancen zwischenmenschlicher (Liebes-) Verhältnisse zerstören können, noch einmal aufgeworfen.

Straub und Huillet ziehen 1968 von München nach Rom. Der Anlass war »Othon« (1970), ihr erster Farbfilm. Von der märchenhaften Kraft und Zartheit am ehesten mit Fritz Langs späten Farbfilmen »Der Tiger von Eschnapur« und »Das indische Grabmal« (1958/59) vergleichbar, werden Straub/Huillet immer wieder Filme im Freien, in der italienischen Landschaft mit Darstellern in historischen Kostümen drehen. Im »Geschichtsunterricht« (1972) nach Brechts »Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar« besucht ein junger Mann Caesars Bankier, einen Bauern, einen Dichter und einen Justizbeamten der Antike.

Straub/Huillet zeigen nicht wie viele ihrer Kollegen Hakenkreuzdekorationen, um sich auf der richtigen, der antifaschistischen Seite verstanden zu wissen. Ihr Umgang mit diesen Fragen ist grundlegender, genauer, d.h. auch ehrlicher. »Moses und Aron« (1974, nach Schönberg) diskutiert den Konflikt von Wort und Bild. Am Ende liegt der Demagog, der Verteidiger der Bilder im Dreck, man erinnert sich an Straubs schöne Filmbilder für Arons Wunder (Wasser zu Wein, Aussatz in Gesundheit, Stab zur Schlange), mit denen dieser das Volk auf seine Seite brachte. Moses / das Wort / das Gesetz hat gewonnen. Man schämt sich ein bisschen, Aron am Boden liegen zu sehen und solidarisiert sich – trotz der Fehler, die er gemacht hat – mit ihm.

Spätestens mit diesem Film hat Jean-Marie Straub auch klar gemacht, dass die Etiketten »streng, asketisch, moralisch«, die ihm von Anfang an angeheftet wurden, nicht passen. Sie müssen nur wieder und wieder der Legitimation dienen, dass man auf der anderen Seite, im Kulturgeschäft immer zynischer werden kann.

Mit dem Kurzfilm davor, der »Einleitung zu Arnold Schönbergs Begleitmusik zu einer Lichtspielscene« (1972), wurde der bis dahin politisch und ästhetisch direkteste Film abgeliefert. Schönberg (Günter Peter Strascheck) antwortet Kandinsky, dass er als jüdischer Künstler nicht anders behandelt werden will wie andere Juden. Brecht (Danièle Huillet, Peter Nestler) ergänzt, es sei verlogen, über den Faschismus zu reden, wenn man nicht bereit ist, über die Abschaffung des Kapitalismus zu diskutieren.

In den späten siebziger Jahren entstehen die ersten italienischsprachigen Filme: »Fortini/Cani« (1976) und »Dalla nube alla resistenza« (1978). In Frankreich werden nach Mallarmé und nach Marguerite Duras die Kurzfilme »Toute révolution est un coup de dés« (1977) und »En rachâchant« (1982) sowie der Dokumentarfilm »Zu früh / Zu spät« gedreht.

»Klassenverhältnisse« (1983) schlägt sich, wie 15 Jahre später »Sicilia!«, auf die erzählende, die Spielfilmseite. Straub nimmt Kafkas optimistischsten Text »Der Verschollene« und liest ihn nicht »kafkaesk«, sondern materialistisch. Es entsteht ein Film, der als Initiationsparabel die Stationen darlegt, wie Menschen innerhalb der Profitlogik für »unbrauchbar« erklärt werden. In »Sicilia!« wird der Orangenhändler, der vom Verkauf nicht mehr leben kann, sagen: »Es ist nicht immer die Arbeitslosigkeit, die den Schaden macht. Das ist es nicht. Ich bin nicht arbeitslos. Keiner von uns ist es. Wir arbeiten.«

Texte von Friedrich Hölderlin sind Arbeitsgrundlage für Straub/ Huillet von Mitte der achtziger bis Anfang der neunziger Jahre. Mit der Erfahrung und dem Wissen von inzwischen 50jährigen inszenieren sie das Revolutionsstück des seinerzeit 28jährigen Dichters. »Der Tod des Empedokles oder: wenn dann der Erde Grün von neuem euch erglänzt« (1986) basiert auf der ersten Fassung des Trauerspiels. 1988 wird mit denselben Darstellern auch auf dem Ätna die dritte Fassung als »Schwarze Sünde« verfilmt.

Hölderlins »kommunistische Utopie« hat den Filmemachern auch die Möglichkeit eröffnet, »Paul Cézanne im Gespraech mit Joachim Gasquet« (1989) zu drehen. Cézanne (1839-1906) versuchte 60 Jahre nach Hölderlin in der Malerei, was der Dichter mit der Sprache erreicht hatte: mit allen Erfahrungen des »modernen Menschen« ein »gewissenhaftes« Bild von einem anderen Leben abzugeben. Wichtig ist, dass bei aller Anklage gegen jede zerstörerische Fortschrittsideologie Straub und Huillet nie kulturpessimistisch oder antimodern sind. Alle ihre Filme bleiben, auch im komödiantischen Sinn, immer der Emanzipation des »viel versuchenden Geschlechts« verpflichtet.

In den neunziger Jahren kehren die Filmemacher zu den »tagespolitischen« Anlässen der ersten Arbeiten zurück. Kriegstreiberei, Totalitarismus und die Chancen eines Neuanfangs bleiben die Themen ihrer Filme. »Die Antigone des Sophokles nach der Hölderlinschen Übertragung für die Bühne bearbeitet von Brecht 1948« und die drei italienischsprachigen Filme nach Elio Vittorini werden jeweils vor dem Drehen als Theaterstücke geprobt und aufgeführt.

»Operai, contadini« (2000) erzählt von der Aufbruchsstimmung nach dem Krieg und dem persönlichen Durcheinander in einer neu formierten Dorfgemeinschaft aus Arbeitern und Bauern. Und »Umiliati« (2002) zieht Bilanz. Die Gemeinschaft ist aufgelöst, das »miracolo economico« scheint stärker gewesen zu sein als die neuen Ideen. Venturo, der Vordenker und Sprecher war, bleibt zu Hause im Bett liegen und fragt: »Ma io che posso più dire? Was soll ich jetzt noch sagen?« Seine Freundin Siracusa, die immer zu ihm gehalten hat – er war zuerst bei den Faschisten – antwortet: »Et si«, was soviel heißt wie: »Ja, du hast recht«, aber auch: »Reiß dich zusammen, mach weiter«.

Die Filme von Straub und Huillet sind das Schönste und Hoffnungsvollste, was seit 1960 in Europa von Künstlern geleistet wurde.

Das Kino Arsenal zeigt in der Straub-Reihe noch

»Antigone« (10. Januar) und »Operai, contadini« (12. Januar).

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